Kurdische Sprache

Geschichte und Entwicklung der kurdischen Sprache

Die kurdische Sprache und Kultur haben eine lange und vielfältige Geschichte, die bis in die Antike zurückreicht. Im Laufe der Zeit haben sich viele Reiche im kurdischen Gebiet etabliert und wieder aufgelöst. Die Bewohner dieser Regionen haben ihre einzigartige Kultur, Sprache und Religion bewahrt. Obwohl Eroberer oft die materiellen Ressourcen der Bevölkerung ausbeuteten und ihre Macht ausweiteten, konnten sie die kulturelle Identität und Sprache der Menschen nicht vollständig unterdrücken. In vielen Epochen regierten verschiedene Mächte über diese Regionen und verwalteten ihre Herrschaft unter Berücksichtigung der lokalen Sprachen und Kulturen. Es ist faszinierend, wie die kurdische Kultur trotz vieler Herausforderungen überlebt und sich weiterentwickelt hat.

 

Die kurdischen Sprachen – dazu zählen verschiedene Dialekte – waren auch die Sprache vieler historischer Mächte, wie zum Beispiel der Guti (Gutium, ca. 2637 v. Chr.), Lulubu (ca. 2530 v. Chr.), Kassiten (ca. 1530 v. Chr.), Urartäer (ca. 1200 v. Chr.), Meder (ca. 770 v. Chr.) und Ayyubiden (ab 1171 n. Chr.). Spuren dieser Sprachen finden sich bis heute in den bestehenden kurdischen Dialekten.

 

In vorchristlicher Zeit war die Zarathustra-Religion die Staatsreligion der Meder. Die Sprache des heiligen Buches von Zarathustra, des Avesta, wurde von vielen mesopotamischen Völkern verstanden, sodass Übersetzungen nicht erforderlich waren. Dies verdeutlicht den Einfluss der Sprache und Kultur auf die Region.

 

Im Laufe der Jahrhunderte haben sich viele Sprachen aus der gemeinsamen Grundlage separat entwickelt und wurden eigenständige Sprachen, blieben jedoch Teil der indo-iranischen Sprachfamilie. Viele Philosophen, Wissenschaftler, Schriftsteller und Künstler wie Abdulsamet Babek, Elîyê Harîrî, Melayê Botê, Mele Ahmedê Cezîrî, Baba Tahirê Uryan, Feqîyên Teyran, Ahmedê Xanî, Mela Mehmûdê Bazîdî und Cîgerxwîn haben ihre Werke auf Kurdisch verfasst. Das Hauptwerk des kurdischen Dichters Ahmedê Xanî (1651–1707), Mem û Zîn, wird als kurdisches Nationalepos betrachtet.

 

Die erste Teilung Kurdistans erfolgte mit dem Vertrag von Qasr-e Schirin (auch Vertrag von Zuhab) am 17. Mai 1639 zwischen den Safawiden und dem Osmanischen Reich. Nach dem Untergang des Osmanischen Reiches wurde Kurdistan ein weiteres Mal geteilt. Diese politischen Teilungen verhinderten eine zeitgemäße Entwicklung der kurdischen Sprache. Darüber hinaus führten die Teilungen dazu, dass die bestehenden kurdischen Dialekte (Kurmancî, Soranî, Dimilî) getrennt und isoliert voneinander weiterentwickelt wurden. Dies ist einer der Gründe, warum bis heute keine einheitliche kurdische Schriftsprache entstehen konnte.

 

Die Nutzung unterschiedlicher Alphabete erschwert zudem die schriftliche und sprachliche Kommunikation sowie die kulturelle Entwicklung zwischen den verschiedenen Teilen Kurdistans. Derzeit ist Kurdisch lediglich im Başur (Südkurdistan) als offizielle Sprache des kurdischen Autonomiegebiets anerkannt.

Nach wissenschaftlichen Erkenntnissen gehört die kurdische Sprache zur indo-iranischen Sprachfamilie, die zu den Grundsprachen der indogermanischen Sprachfamilie zählt.

 

Indo-iranischen Sprachen

Die indo-iranischen Sprachen bilden eine große Untergruppe der indoeuropäischen Sprachfamilie. Sie werden üblicherweise in zwei Hauptgruppen unterteilt: die iranischen und die indischen (auch indoiranische Sprachen genannt). Hier sind einige der wichtigsten Sprachen aus beiden Gruppen:

 

Iranische Sprachen

  • Avestisch: Eine alte ostiranische Sprache, die in den heiligen Schriften des Zoroastrismus, dem Avesta, verwendet wurde.
  • Persisch (Farsi): Moderne Sprache, die in Iran, Afghanistan (als Dari) und Tadschikistan (als Tadschikisch) gesprochen wird.
  • Kurdisch: Umfasst mehrere Dialekte wie Kurmancî, Soranî und Zazakî, die hauptsächlich in der Region Kurdistan gesprochen werden.
  • Paschtu: Gesprochen in Afghanistan und Pakistan, bekannt für seine Rolle als eine der offiziellen Sprachen Afghanistans.
  • Belutschisch: Gesprochen von der Belutschen Minderheit in Iran, Pakistan und Afghanistan.

Indische Sprachen

  • Sanskrit: Eine alte Sprache des alten Indiens, in der viele klassische indische Texte verfasst wurden.
  • Hindi: Eine der offiziellen Sprachen Indiens, gesprochen von einem großen Teil der Bevölkerung.
  • Urdu: Amtssprache Pakistans und eine der 22 anerkannten Sprachen Indiens, eng verwandt mit Hindi, aber in arabischer Schrift geschrieben.
  • Bengalisch: Gesprochen in Bangladesch und dem indischen Bundesstaat Westbengalen.
  • Punjabi: Gesprochen im indischen Bundesstaat Punjab und in Pakistan.

Die Dialekte der kurdischen Sprache

Die kurdische Sprache hat auch verschiedene Dialekte, wie es bei allen Sprachen der Welt der Fall ist. In allgemeinen ist es, wenn die Dialekte sich lange genug in unterschiedlichen Richtungen entwickeln, werden aus ihnen selbstständige Sprachen. Wenn die Zeittiefe gering ist, ist die Verwandtschaft leicht erkennbar, wie zwischen Kurdisch und Persisch oder zwischen Deutsch und Niederländisch. Bei den kurdischen Dialekten ist die Zeittiefe sehr gering. Nordkurdisch (Kurmancî) wie auch Mittelkurdisch (Soranî) und Südkurdisch (Dimilî) als Hauptdialekte haben andere zusätzliche Nebendialekte. Man sieht, dass fast jedes Gebiet einen eigenen Dialekt hat. Alle diese Dialekte werden als Kurdisch betrachtet. Nach kurdischen Schätzungen wird Kurdisch heute über 50 Millionen Menschen gesprochen.

 

Nordkurdisch (Kurmancî)

Nordkurdisch – Kurmancî wird in Nordkurdistan, Westkurdistan, Kurdistana Sor (in Kaukasus), Xorasan (Khorasan in Iran) und von Kurden im Libanon gesprochen. Außerdem wird unter den kurdischen Zuwanderern in den türkischen und in den europäischen Metropolen zum Teil Kurmancî wie auch Soranî und Dimilî gesprochen. Weitere Mundarten von Nordkurdisch:

  • Beyazîdî
  • Botanî
  • Aşîtî
  • Badînanî
  • Cizîri

Mittelkurdisch (Soranî)

Mittelkurdisch – Soranî wird hauptsächlich in Südkurdistan und in Teilen von Ostkurdistan gesprochen. Soranî ist heute die Amtssprache des „Autonome Region Kurdistans“. Weitere Mundarten von Mittelkurdisch:

  • Sinayî
  • Silêmanî
  • Erdelanî
  • Kerkukî
  • Germîyanî
  • Hewlêrî
  • Mûkrî
  • Serbajêrî
  • Pijderî

Südkurdisch (Dimilî)

Südkurdisch – Dimilî in den Orten von Dersim in Nordkurdistans und in den Gebieten von Siverek wird Zazaki gesprochen. In Ostkurdistan und in Teilen von Xorasan und Kermanşah (Kermanschah) wird „Goranî“ gesprochen. Weitere Mundarten von Südkurdisch:

  • Dêsimî
  • Hewremanî
  • Zengenenî
  • Goranî
  • Kerkukî
  • Kayekî
  • Xarpûtî
  • Feylî
  • Kermanşahî
  • Lekî
  • Kelhorî
  • Xaneqînî
  • Lorî
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